Bereits im Jahre 2002 wurde von Ames und Kollegen eine richtungsweisende Arbeit publiziert, in der die biochemischen Grundlagen einer Substitutions-Therapie zusammengefasst wurden. In dieser Arbeit wurde berichtet, dass bei ungefähr 50 auf genetisch bedingten Enzymdefekten beruhenden Erkrankungen des Menschen die Gabe hoher Konzentrationen von Nahrungszusätzen therapeutische Konsequenzen hat.
Zwar bezogen sich die in dieser Arbeit vorgestellten Beispiele auf die Substitution von Vitaminen, aber ähnliche biochemische Mechanismen können auch beispielsweise für den Stoffwechsel von Aminosäuren in der Neurotransmitter-Synthese postuliert werden.
In geradezu prophetischer Weise schreiben Ames und Kollegen bereits 2002: „With the advent of genomics and individual polymorphism assessment, it will become possible to customize vitamin therapies to suit the genotypic, and thus more specific, needs of individuals, instead of treating the phenotype.“
Freie Übersetzung durch den Verfasser: “Mit der Entwicklung der Genomik [Untersuchung der Erbsubstanz] und der individuellen Testung auf Polymorphismen [Varianten von Molekülen] wird es möglich sein Vitamintherapien an den Genotyp [die genetische Ausstattung] von Individuen anzupassen, anstatt den Phänotyp [die Symptome] zu behandeln.“
Mit anderen Worten: Ames und Kollegen sagten voraus, dass die Kombination aus genetischer Analyse von Enzymvarianten und gezielter Nahrungsergänzung mit Metaboliten zukünftig eine positive Rolle bei der Therapie vieler Krankheiten spielen kann.
In diesem Sinne bin ich gerade dabei mich mit der genetischen Analyse von Enzymen des Neurotransmitter-Stoffwechsels zu beschäftigen, um Zusammenhänge zwischen Enzym-Varianten und möglichen Interventions-Strategien durch Nahrungsergänzung, insbesondere mit Aminosäure-Vorstufen der Neurotransmitter, aufzudecken. Ein Arbeitsgebiet, welches ich als “Neurostress-Genetik” bezeichne.
Ames et al.
High-dose vitamin therapy stimulates variant enzymes with decreased coenzyme binding affinity (increased Km): relevance to genetic disease and polymorphisms 1-3
Am J Clin Nutr 2002; 75:616-58